von Daniel Altkemper

Begriffsdefinition

"Köhler" bezeichnet einen heute in Deutschland fast gänzlich verschwundenen Beruf, dessen Aufgabe darin bestand, Holzkohle für die Verhüttung von Eisen herzustellen. Der dazu gehörende Handwerksbetrieb wird als Köhlerei bezeichnet. In Regionen, wo es keine natürlichen Kohlevorkommen gab, war die Köhlerei oft die einzige Möglichkeit, diesen wichtigen Rohstoff zu gewinnen. So kam es nicht selten vor, dass ganze Wälder zur Gewinnung von Holzkohle abgeholzt worden sind.

Das Siegerland stellt mit der regenerierenden Haubergswirtschaft dabei eine deutschlandweit einmalige Form der Forstwirtschaft dar, die eine beständige Versorgung mit Holz ? und damit Holzkohle ? ermöglichte. Mit dem immer stärkeren Aufkommen von Steinkohle verschwand dann zunehmend dieses Jahrtausende alte Handwerk.

Geschichte der Köhlerei in der Region

Das Siegerland ist eine der ältesten Montanregionen in Europa und kann mit seiner über 2000-jährigen Tradition in der Erzgewinnung und Verhüttung mit Recht als „Eisenland“ bezeichnet werden. Im Siegerland war glücklicherweise alles vorhanden, was zur Herstellung von Eisen vonnöten war: ausgedehnte Waldlandschaften und große Eisenerzvorkommen. Damit das Eisenerz für die Weiterverarbeitung zu Waffen, Werkzeugen und zahlreichen anderen Produkten genutzt werden konnte, musste es zunächst einmal in einem Ofen mehrere Stunden auf eine Temperatur von mindestens 1000 Grad Celsius erhitzt werden. Ein einfaches Holzfeuer reichte nicht aus, um solch hohe Temperaturen zu erreichen; erst Kohle ermöglichte die Erhitzung der Öfen auf ein solches Maß. Darum musste aus dem Holz zuallererst Kohle gemacht werden. So ist auch der Beruf des Köhlers entstanden.

Ablauf der Holzverkohlung

Schon seit dem Altertum ist die Meilerverkohlung überliefert worden. Hierbei werden Holzscheite in einem kegelförmigen Haufen, dem sogenannten Meiler, um Holzpfähle gesetzt. In einem nächsten Schritt wird ein mit Reisig und Spänen gefüllter Feuerschacht angelegt und durch eine Decke, bestehend aus Gras, Moos und Erde, luftdicht verschlossen. Über dem Feuerschacht wurde der so aufgebaute Meiler nun angezündet. Bei ca. 300 bis 350 Grad Celsius setzte der Verkohlungsprozess ein, an dessen Ende die fertige Holzkohle stand. Damit aus Holz Kohle wurde, musste der Köhler das Holz "brennen"; verbrennen durfte es jedoch nicht. Dieser Vorgang dauerte meistens eine knappe Woche, bei sehr großen Meilern konnte sich dieser Prozess allerdings auch auf mehrere Wochen erstrecken. Ein Meiler hatte dabei im Schnitt etwa die Größe von 13 bis 14 Fuß im Durchmesser (ca. 4 Meter) und eine Höhe von 7 bis 8 Fuß (an die 2½ Meter). Zum Schutz vor Regen musste der Köhler darauf achten, dass der errichtete Meiler an einem abschüssigen Platz gelegen war, damit das Regenwasser nicht von unten in den Meiler fließen konnte. Die Aufgabe des Köhlers bestand nun darin, darauf zu achten, dass durch Regelung des Windzugs, durch Aufstechen und Wiederverschließen von kleinen Löchern, der Meiler weder erlosch noch in hellen Flammen aufging. Da der Meiler bei zunehmender Dauer immer mehr zusammenschrumpfte, war die Gefahr groß, dass ein so entstandenes Loch das in ihm brennende Feuer außer Kontrolle geraten lassen könnte und somit alle vorherige Arbeit zunichte gemacht hätte. Der Köhler war daher nahezu 24 Stunden am Tag mit seinem Meiler beschäftigt. Vielfach lebte er in einer kleinen Hütte neben diesem, um das Feuer zu überwachen und bei Problemen direkt eingreifen zu können. Nachdem das Holz zu Ende „gebrannt“ war, trug der Köhler als einen seiner letzten Arbeitsschritte das Dach aus Erde und Gras ab und sammelte die gewonnene Holzkohle zu ihrer weiteren Verwendung ein.

Heutige Situation des Köhlers

Heutzutage gibt es in Deutschland nur noch sehr wenige Köhler. Der Import billiger Steinkohle aus dem Ausland zur Verhüttung hat im Laufe des letzten Jahrhunderts nicht nur zu einem großen Kohlezechensterben im Ruhrgebiet und im Saarland geführt, sondern raubte auch den zahlreichen Köhlern im Siegerland ihre Existenzgrundlage. Die gewonnenen Produkte der Siegerländer Haubergswirtschaft, Lohe zum Gerben und Holzkohle zur Verhüttung, wurden industriell nicht mehr benötigt und zunehmend nur noch für den immer geringer werdenden privaten Bedarf hergestellt. So kam es dazu, dass sich von den einst an vielen Ecken unserer Region zu findenden Meilern heute nur noch einer erhalten hat. In Netphen-Walpersdorf wird einer der letzte Meiler in Südwestfalen betrieben und immer wieder von zahlreichen Schulklassen und Touristen besucht. Die Besucher des Meilers können sich dabei vor Ort genau über Fragen rund um die Köhlerei informieren. Die vom Meiler gewonnene Holzkohle kann sogar käuflich erworben werden. Aufgrund ihrer guten Brenneigenschaften sollen so manche Hobby-Griller auf echte Meiler-Holzkohle schwören. Vielleicht probieren ja auch Sie einmal dieses Erzeugnis aus unserer Region bei Ihrem nächsten Grillfest aus?