von Olga Diesendorf
Angst, Schrei, Gewalt, Leid, Blut, Terror, Krieg, Tod, Verlust, Trauer, Opfer der Kriege! Sie dürfen nicht vergessen werden!
Diese wichtige Tatsache wurde von Olpern sehr ernst genommen.
Heute erstrahlt unsere Gedenkstätte für die Opfer beider Weltkriege in leuchtendem Gold an der Stadtmauer im Weiherohl. Doch der Weg bis zur Verwirklichung war lang und mühsam. Die Fragen, die sich unmittelbar ergeben, sind: Wie lange hat die Verwirklichung dieser Gedenkstätte gedauert? Welche Schwierigkeiten stellten sich in den Weg? Wie kann man die Gefallenen, Versehrten und Vertriebenen angemessen ehren?
Schon im Jahre 1924 hat die Olper Stadtverordnetenversammlung die Bildung eines Ausschusses zur Planung eines Kriegerehrenmals für die 231 Olper Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges beschlossen. Jedoch wurde aus wirtschaftlichen Gründen erst am 20.09.1933 ein „Ehrenmal-Bauausschuss“ gewählt, der zur Gründung des „Kriegerehrenmal-Bauvereins“ führte. Die Überlegungen des Vereins wurden jedoch durch die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten behindert. Viel Leid und Grausamkeit erschütterten die Stadt, viele weitere Opfer folgten. Der Zweite Weltkrieg forderte 621 Opfer aus Olpeallein an der Front. Durch Bombardierungen unserer Stadt wurden 180 Zivilisten getötet, weiterhin wurden 254 Menschen vermisst. Der „Kriegerehrenmal-Bauverein“ wurde zwar 1951 aufgelöst, doch die Idee des Baus einer Gedenkstätte nicht aufgegeben.
Am 7. Juli 1960, also erst 36 Jahre später, wurde erneut der Gedanke einer Gedenkstätte aufgegriffen und folglich das Komitee „Gedenkstätte“ gegründet, in dem alle Schichten der Gesellschaft vertreten waren. Zum Vorsitzenden wurde Rechtsanwalt und Notar Dr. Hans Werner Köster gewählt, der eine hervorragende organisatorische Arbeit geleistet hat, um das lange währende Vorhaben tatsächlich auch wahr zu machen.
Wie soll nun die Gedenkstätte konkret aussehen, um den Opfern gerecht zu werden?
Im Jahre 1963 haben fünf Künstler (Hoffmann, Frau von Leistner, Frau Schmidt, Professor Mataré und Herr Haneball) ihre Vorschläge vorgestellt. Nach einer langen Diskussion in der Runde des Komitees hat man sich für den Vorschlag des Bildhauers, Malers und Graphikers Ewald Mataré geeinigt.
Ewald Mataré wurde am 25. Januar 1887 in Aachen-Burtscheid geboren. Mataré hat das Leid des Zweiten Weltkrieges am eigenen Leib erfahren. Seine Kunstwerke galten den Nationalsozialisten als "Entartete Kunst". Doch glücklicherweise bekam der Künstler kein Arbeitsverbot und konnte sein Überleben durch Aufträge, vor allem für die katholische Kirche, sichern. Nach dem Krieg wurde er durch zahlreiche Auftragsarbeiten berühmt, unter anderem durch die drei bronzenen Flügeltüren für das Südportal des Kölner Doms. Auch internationale Aufträge folgten. Konsequenterweise wurde Mataré mit vielen Auszeichnungen geehrt, wie im Jahre 1954 mit dem Großen Kunstpreis von Nordrhein-Westfallen. Es ist für die Stadt Olpe eine große Ehre, von den Künsten des großartigen Künstlers profitieren zu können.
Sein Vorschlag für die Olper Denkstätte ist schlicht, aber edel und ist gebunden an christliche Motive.
Mit den Bauarbeiten wurde sofort mit Hilfe des Architekten Löblich unter Anleitung von Prof. Mataré begonnen.
Es entstand ein 3,50 m großes Kreuz, das mit Blattgold belegt ist. Das Kreuz ist im oberen Bereich der Stadtmauer zwischen Südturm und Hexenturm angebracht. Es wird gehalten von zwei in der Mauer verankerten Stahlstäben. An der Stelle, wo das Kreuz die Mauer berühren würde, hat man den Mauernstein ausgespart. Zu diesem hochangebrachten Kreuz führt eine 3 m breite Treppe mit 30 Stufen inmitten des Grüns des Weiherohls. Unterhalb des Kreuzes am Boden befindet sich eine ovale Bodenplatte, die mosaikartig mit weißen und schwarzen Marmorplatten ausgelegt wurde. In der Mitte dieser Fläche liegt eine gusseiserne Platte mit einer Inschrift. Das Ganze wird von einem gusseisernen Gitter im Halbkreis umrandet. Das Gitter besteht aus Totenkopfornamenten, das offensichtliche Todessymbol.
Die Gesamtkosten betrugen 119.000 DM. Wie nun wurde diese Gedenkstätte finanziert? Das Komitee hat Spendenaufrufe organisiert in Form von Zeitungsartikeln, Flugblättern, Broschüren, Rundschreiben an Gewerbebetreibende und weiteres mehr. Von Dezember 1960 bis Januar 1964 wurden insgesamt etwa 60.000 DM an Spenden von der Bevölkerung, Geschäftswelt und durch Kirchenkollekten eingesammelt. Weitere Spendenbeiträge folgten. Letztendlich gab es eine kleine Debatte über die Inschrift, die man knapp, aber sehr aussagekräftig wünschte. Materé schlug „Krieg und Terror“ vor, doch dieser Vorschlag wurde abgelehnt, „man will das Wort „Terror“ vermeiden“. (Tagebucheintrag von Materé am 4.08.1963 in: „Ewald Materé Tagebücher 1915 bis 1965“, hrsg. Von Sonja Mataré und Sabine Maja Schilling, Köln: Wienand Verlag, 1997).
Die Einweihung der Gedenkstätte fand am 17. November 1963 am Volkstrauertag statt. Dr. Köster hat die Gedenkstätte feierlich an die Stadt Olpe übergeben. Die Stadt Olpe dankte dem Künstler Ewald Mataré mit einem Dankschreiben des damaligen Bürgermeisters Ignatz Müller und überreichte zur Erinnerung einen versilberten Kupferabguss des ältesten Olper Stadtsiegels von 1360. Zudem trug sich Mataré in das Goldene Buch ein.
Uns mahnt bis heute, wie Dr. Köster in einer Sitzung des Komitees ausgeführt hat, die Inschrift der Gedächtnisstätte an die Kriegsopfer an der Front und unter der Zivilbevölkerung, an den Terror in Konzentrations- und Gefangenenlagern, an die Teilung Deutschlands, an die Vertreibung und Unterdrückung, an den Verlust von Hab und Gut.
Die Inschrift lautet:
„Gefallen Erniedrigt Gehetzt
Wachet über Freiheit und Recht“