von Theresea Eickhoff

Die Soester Fehde zählt zu den Hauptereignissen in der Geschichte der Stadt Soest und Westfalens.

Jedes zweite Jahr wird die Soester Wallanlage zur Kulisse für das Schauspiel der Soester Fehde. Geschichte wird erlebbar gemacht und Mittelalterfans aus ganz Europa treten in zeitgenössischer Kleidung auf, kämpfen mit Schwert und Bogen und repräsentieren die Stadt Soest. Die erste Fehde fand im Jahre 2009 statt. Mit professionellem Organisationsmanagement und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern rüstet sich die Stadt auf und präsentiert mit großem Stolz das Mittelalterevent.

„Fehde hieß Krieg, bedeutete, politisch–militärische Kompetenz zu organisieren und logistische Erfordernisse zu koordinieren, hieß Angriffs- und Verteidigungskampf und war ein fast täglicher Krieg für die Menschen auf beiden Seiten“ (Heimann 2003: 47).


Die Soester Fehde war ein für ein knappes Jahrzehnt zum regionalen Krieg eskalierter Autonomiekonflikt der Stadt Soest, um ihre Rechtsansprüche gegenüber der neuformierten Stadt- und Landesherrschaft des Erzbischofs von Köln in Westfalen zu behaupten. Im März 1441 kommt es zur Auseinandersetzung zwischen dem Erzbischof von Köln und der Stadt Soest. Soest appelliert daraufhin zur Wahrung seiner Rechte an Papst Eugen IV.


Nur wenige Monate später, am 17.07.1441 gelangen erste Fehdeansagen der Helfer des Kölner Erzbischofs nach Soest. In der Folgezeit werden von beiden Seiten viele Beschwerdebriefe und Anklagen verschickt und es kommt im Jahre 1444 zu ersten Kriegshandlungen, die sich über insgesamt 5 Jahre erstrecken. Sowohl Köln als auch Soest erhielten zahlreiche Unterstützung von anderen Städten wie Dortmund oder Duisburg. Am 19. Juli 1447 kommt es dann zur Bestürmung der Stadt Soest. „Der Krieg zwischen Soest und dem Erzbischof diktierte eine Zeitlang den Lebensrhythmus einer ganzen Region: er veränderte Lebensgewohnheiten, zerstörte Sachgüter, ruinierte Siedlungen und Wirtschaftsflächen, er forderte zahllose Menschenleben und hinterließ Trauernde, Krüppel und Geschundene, aber auch Kriegsgewinnler […]“ (Heimann 2003:47).


Zu keiner Zeit der Auseinandersetzungen gab es einen klaren Favoriten, der als Sieger des Krieges hervorzugehen schien. So beginnt im Jahr 1449 eine Friedenskonferenz in Maastricht und einige Tage später zur Verkündigung des Schiedsspruchs zur Beendigung der Fehde (vgl. Heimann 2003: 104, 106, 109, 111).

Literatur:

Heimann, Heinz-Dieter: Die Soester Fehde. Geschichte einer erstrittenen Stadtfreiheit, Westfälische Verl. – Buchh. Mocker & Jahn, Soest 2003, S. 47, 104, 106, 109, 111

Veranstaltungsleiter Herr Schiewe
Veranstaltungsleiter Herr Schiewe

… Mehr nicht?! – Natürlich könnte man über die Soester Fehde noch den lieben langen Tag berichten, wie der Veranstaltungsleiter Herr Schiewe sich ausdrückte. Zur Organisation lässt sich beispielweise noch ergänzen, dass es 40 Gruppen gibt, die aktiv teilnehmen und aus fünf bis sechs Leuten oder maximal aus 100 Beteiligten bestehen. Die Menschen reisen aus Teilen Deutschlands, aber auch aus dem Ausland wie Tschechien oder vom Schwarzen Meer her nach Soest, um sich dieses Spektakel nicht entgehen zu lassen. Um sich für die Fehde anzumelden, muss man sich bei dem sogenannten „Meldekopf“ registrieren lassen und anschließend wird man direkt in der eigenen Landessprache willkommen geheißen. Von diesem Zeitpunkt an, ist eine 24-Stunden-Betreuung vor Ort und sorgt sich um das Wohl der Mitwirkenden.
So eine Organisation, so ein Bekümmern, wie es in Soest der Fall sei, gäbe es kein zweites Mal.

Die Soester Fehde vollstreckt sich auf einer Fläche von 75.000-80.000 qm, die dann auf einer Länge von 1,6 km mit Strom, Wasser etc. bespielt werden muss. Die reine Durchführung von Aufbauten erstreckt sich über drei Tage, in denen dann z.B. Stadttore errichtet werden, wo normalerweise gar keine sind.

 

Kleiderschneiderei Soest (ehemals Gasthaus Flüchter)

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Arbeitsmaterialien, wie z.B. Stoffe, Knöpfe etc. Kostüm der Schirmherrin 2015 (alles selbst genäht und verarbeitet)

 

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Der „Schamlatz“ an den Männerhosen   

 

Arbeitsbereiche der Schneiderinnen:

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Die „Mittelalterbibel“

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Interview mit Frau Reismann (Kleiderschneiderei)

Die Kleiderschneiderei in Soest, die sich in einer alten Gaststätte im Zentrum von Soest befindet, näht dort seit mittlerweile acht Jahren. Nachdem das Gasthaus Flüchter damals geschlossen wurde, standen die Räumlichkeiten leer, und da Kontakt zu der Besitzerin bestand, die auch mit viel Engagement in der Kleiderschneiderei tätig ist, konnte dort ab sofort genäht und gebastelt werden. „Anfangs wollten wir hier nur „kurz“ nähen, bis wir etwas anderes gefunden haben, doch mittlerweile sind daraus viele Jahre geworden und wir fühlen uns hier sehr wohl“, erzählte mir Frau Reismann. Um sich neue Inspirationen und Ideen zu beschaffen, besuchten die Frauen bereits mehrere Museen, nahmen an Seminaren teil und eigneten sich ihr heutiges, umfangreiches Wissen schnell an. Um ein authentisches Bild von der damaligen Fehde darzustellen, wird besonders darauf geachtet, dass die geschneiderte Kleidung sich an der Mode der Zeit zwischen 1400 und 1450 orientiert. Die zeitgenössische Kunst spielt als Inspirationsquelle eine enorme Rolle, denn als Vorbilder dienen dabei z.B. Gemälde von Malern wie Conrad von Soest oder Jan van Eyck. Es gibt auch verschiedenste Vorzeigebücher, auf die immer wieder gerne zurückgegriffen wird. In einer „Mittelalterbibel“, so betitelte Frau Reismann das Buch, sind die einzelnen Nähschritte detailliert aufgezeichnet, um bei auftretenden Problemen oder Unsicherheiten noch einmal nachschauen zu können.

Ergänzend lässt sich zu der Kleiderordnung noch sagen, dass die Männer im Mittelalter viel aufwendigere Kleidung getragen haben und teilweise so bunt wie die Gockel herumgelaufen sind. Das bedeutet also sehr farbenfreudig und immer auf Aufmerksamkeit der Frauen bedacht. Rosa war damals die Farbe für die Männer, sie haben sie gerne getragen. Ihre Hosen waren ganz eng und anliegend geschnitten; auch in dieser Zeit sind schon die sogenannten „Push- Ups“ entstanden, um die Waden auszupolstern und so entsprechend mehr Bein zeigen zu können. Genauso befindet sich an den Männerhosen der „Schamlatz“; dieser wird zwischen den Beinröhren eingenäht und vom Hintern aus bis vorne über das Geschlecht gespannt. Auch dieser wird genügend ausgestopft, um die Männlichkeit richtig darzustellen.

Bei den Frauen musste der Saumumfang des Rocks mindestens 3,20 m aufweisen. Außerdem wurde immer ein Unterkleid aus Leinen mit langen Ärmeln getragen und darüber ein anderes Kleid (meist auch aus einem anderen Stoff) angezogen. Accessoires wie z.B. Schmuck oder Taschen wurden nicht bzw. selten getragen. Einen kleinen Beutel befestigte man am Gürtel, der die wichtigen Dinge beinhaltete. Um jedoch nicht ganz auf Schmuck verzichten zu müssen, verzierte man den Riemen, um etwas schicker und edler auszusehen. Es war so üblich, dass verheiratete Frauen ihre Haare unter einer Haube versteckten. Das Sprichwort „jemand ist unter der Haube“, d.h. er ist verheiratet, kommt daher. Auch die Redewendung „gut betucht sein“ hat seinen Ursprung im Mittelalter, denn je weiter der Rock der Frau war, desto mehr Stoff wurde dafür verbraucht - und das heißt, dass man das nötige Kleingeld hatte, um sich viel Material leisten zu können.